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Die Esslinger Furt im September 2024 (Fotos: Helmut Sattmann)

28.11.2024

Au weh Lobau

Anlässlich des Hochwassers 2024 sagte der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig, dass „Wien Hochwasser kann“, wegen des Hochwasserschutzes und der Renaturierunsmaßnahmen. Ausmeiner Sicht als Naturschützer ist das befremdlich, angesichts der massiven Bodenversiegelung, die in Wien stattfindet und der groben Vernachlässigung der Lobau, die als Hochwasser-, Klima- und Biodiversitätsschutzwald von unschätzbarem Wert für die Stadt und das Umland ist.

Allen Eingriffen der letzten 150 Jahre zum Trotz ist die Lobau immer noch Heimat einer erstaunlichen Vielfalt an Pflanzen, Tieren und Lebensräumen. Deshalb wurde das Gebiet auch mehrfach unter Schutz gestellt. Doch seit Jahren leidet die Lobau zunehmend unter Austrocknung und Verlandung. Zugelassen und verursacht durch Nichthandeln der
zuständigen Wiener Magistratsabteilungen, denen die Bewahrung dieser Naturschutzgebiete anvertraut ist. Entsprechend groß war die Freude vieler Freundinnen der Lobau, als sich die Untere und Obere Lobau mit dem Donauhochwasser von September 2024 nach vielen Jahren Pause für ein paar Tage wieder in einen Wasserwald verwandelten. Doch diese Freude ist leider nicht wirklich berechtigt. Das Wasser kommt als Rückstau „von unten“ durch den Schönauer Schlitz und bringt viele Schwebstoffe mit sich. Bevor sich das Hochwasser wieder zurückzieht, setzt es jede Menge Schlamm ab und beschleunigt so die Verlandung des Gebiets. „Von oben“, also von der Neuen Donau besteht die technische Möglichkeit einer gelenkten Wasserzuführung, wenn auch in viel zu geringem Ausmaß. Selbst diese Möglichkeit, dem Gebiet Wasser zuzuführen und so den Auwald halbwegs am Leben zu halten, wurde nur in kosmetischen Dosierungen realisiert und tatsächlich über lange Zeiträume hintangehalten.

Nach Protesten von Naturschützern wurden im Sommer 2021 wieder begrenzte Mengen aus der Alten und Neuen Donau in das Ökosystem eingespeist. Im Jahr 2023 wurde die über viele Jahre angekündigte Wehranlage von der Neuen Donau in die Panozzalacke fertiggestellt und medial als Naturschutzmaßnahme gefeiert, mit der man mehr
Wasser in die Obere Lobau schicken könne. Daraus wurde bisher nichts. Die Zuleitung wurde kaum geöffnet, die Wasserstände in der OberenLobau hatten im August 2024 wieder die Tiefststände von 2021 erreicht, und die Lobau verlandet und verschlammt zusehends. Weil nach wie vor die Durchströmung „von oben“ fehlt, die den abgelagerten Schlamm mitnehmen würde. Daran würde auch eine stärkere Nutzung der Zuleitung in die Panozzalacke nichts ändern. Speziell die ökologisch besonders wertvolle Untere Lobau ist gänzlich vom Wasser abgeschnitten. Seit vielen Jahren bestehende Pläne zur Anbindung an die Donau sind in magistralen Schubladen verschwunden.

Unverständlich ist die Vorgehensweise der Stadt aus unterschiedlichen Perspektiven. Aus Sicht des Naturschutzes ist Wien zum Erhalt des Auwaldes und seiner Artenvielfalt durch nationale und europäische Gesetze verpflichtet. Als Hochwasserschutz sind funktionierende Fluss-Aufweitungen ein Gebot des Jahrhunderts: Die Lobau als natürliches Hochwasserretentionsbecken mit steuerbarer Anbindung zur Donau böte sich als bedeutende Renaturierungsmaßnahme an. Und als Klimaschutzwald ist ein Auwald um
vieles effizienter in der CO2 Bindung und als Hitzepuffer als andere Wälder und Grünflächen.

Der scheinbare Haken an der Sache ist die Trinkwassergewinnung in der Unteren Lobau. Vermehrte Zuführung von Oberflächenwasser könnte die Qualität des Trinkwassers aus hygienischer Sicht verschlechtern. Allerdings wird das Grundwasser der Lobau nur in geringem Ausmaß für die Wasserversorgung der Stadt verwendet, und bei Hochwasser überhaupt nicht. Eine Wasseraufbereitungsanlage für das Lobauwasser würde den Interessenkonflikt zwischen Naturschutz und Trinkwassergewinnung aufheben und wäre auch hinsichtlich Versorgungssicherheit „state of the art“ im 21. Jahrhundert. Diesbezügliche konkrete Pläne der Stadt Wien schlummern ebenfalls seit vielen Jahren in amtlichen Schubladen.Gefragt wären zukunftsfitte Lösungen zum Schutz der Natur und der Menschen.

Weiterführende Links

Opinion Paper: Wasser für die LobAu. Bernd Lötsch, Robert Poth, 2023

LobAu: Intensivstation mit Stromausfall 2.0. Beitrag von Helmut Sattmann auf MeinBezirk, 29.09.2024

Politik feiert geschnorrte Wassereinleitung Panozza-Lacke. Ein Beitrag von Manfred Christ, 14.05.2024

Wien/Untere Lobau: Klarer Verstoß gegen Naturschutzrecht. Ein Beitrag von Robert Potz, 04.09.2024

Warum wir mehr Auenwald brauchen. Erkenntnisse und Empfehlungen des MediAN-Projektes im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe.

https://auwald.info/2013/01/17/studie-auenschutz-ist-klima-hochwasser-und-naturschutz/

https://www.meinbezirk.at/donaustadt/c-politik/lobau-die-quadratur-des-kreises_a3177870

https://www.lobaumuseum.wien/cms/trinkwasser-aus-dem-nationalpark-de-biesbosch-niederlande/

https://www.lobaumuseum.wien/cms/das-neue-buch-von-robert-eichert/

Zum Autor

Helmut Sattmann ist Zoologe und assoziierter Wissenschaftler am Naturhistorischen Museum Wien
+43 (0)680 302 50 24
helmut.sattmann@nhm-wien.ac.at

Weitere Bilder:

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Die Esslinger Furt im August 2024. Vor 100 Jahren war etwa hier das Esslinger Naturbad.

Autor: Helmut Sattmann


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