So wie Wien ohne den Wienerwald nicht zu denken ist, gehört auch die Lobau zum Naturerbe Wiens.
Ein Beitrag von Helmut Sattmann in ESSLING Nr. 9 - ein stadtteilmagazin (Winter 23/24, S. 34)
Die Lobau ist Wasser, Wiese und Wald, ist Erholungsgebiet und Klimaschutzwald. Vor allem aber ist sie ein Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung mit einer großen Vielfalt an Tieren, Pflanzen und Lebensräumen.
Seltene Tiere und Pflanzen
Bekannt ist vielleicht, dass die Seeadler seit einigen Jahren hier wieder nisten und die Europäische Sumpfschildkröte in der Lobau und den angrenzenden Donau- und March-Auen ihre einzigen natürlichen Vorkommen in Österreich hat. Aber wer hat schon von der Zierlichen Tellerschnecke gehört, von der Östlichen Moosjungfer, einer Libelle oder dem Schlammpeitzger, einem auch Furzgrundel genannten Fisch – um nur einige von vielen seltenen und von nationalen und europäischen Gesetzen geschützte Tierarten zu nennen. Unter den Pflanzen finden zahlreiche Orchideen besondere Beachtung, mit bedrohten Arten, wie der hübschen Bienen-Ragwurz. Doch auch hier gibt es viele andere, wenig bekannte, schützenswerte Schätze.
Dynamik des Wassers
Die Au ist vor allem durch wechselnde Wasserstände und Fließdynamik – also einem Wechsel zwischen Fließ- und Stillwasser – geprägt. Sie bringen sowohl die typischen Wasser- und Uferlebensräume, wie auch den Auwald und die trockenen Heißländen mit ihrer jeweils besonderen Pflanzen- und Tierwelt hervor. Strom und Au sind wie kommunizierende Gefäße, die sich gegenseitig befruchten und eine reiche Biodiversität ermöglichen. Angesichts der gegenwärtigen Biodiversitätskrise ist der Erhalt dieses Lebensraumes von herausragender Bedeutung!
Wildnis am Rande der Stadt
Die Lobau ist durch Glück und Zufall als Naturlandschaft erhalten geblieben. Eine Zäsur für das Augebiet waren die Donauregulierungen zur Entlastung der Stadt vor Über-schwemmungen ab 1870, die sich in zahlreichen baulichen Maßnahmen für den Hochwasserschutz aber auch für Infrastruktur, Wohnbau, Gewerbe und Industrie bis heute fortsetzten. Trotz allem ist immer noch eine vielfältige naturnahe Landschaft erhalten geblieben. Seit 1978 steht die Lobau unter Naturschutz und ist seit 1996 Teil des Nationalparks Donau-Auen. Und doch ist dieses Naturjuwel akut bedroht und gefährdet. Zwischen 1938 und 2010 hat die Lobau ein Drittel ihrer Wasserflächen und Feuchtgebiete verloren. Die Gewässer der Lobau verlanden aktuell mit einer Geschwindigkeit von bis zu dreieinhalb Prozent pro Jahr – mit fortschreitender Beschleunigung, da der Wasserzufluss fehlt. Doch angesichts der Klimakrise ist der Erhalt dieser naturnahen Landschaft von besonderer Bedeutung!
Was kann man tun?
Die Stadt Wien müsste endlich jene detaillierten Planungen der Gewässervernetzung, Anbindung und Wasserzufuhr, die von Wissenschaftler sowie von Expertinnen der zuständigen Magistratsverwaltungen schon vor mehr als zwanzig Jahren detailliert ausgearbeitet worden sind, umsetzen. Zur Zeit diskutiert ein Arbeitskreis über mögliche Notmaßnahmen und nötige weitere Schritte. Hoffentlich diskutieren sie nicht zu lange und handeln bald, damit die Lobau auch für unsere Kinder und Enkelkinder als Auwald erhalten bleibt. Die Lobau soll (über)leben!
INFOS & KONTAKT
Weiterführende Links
www.donauauen.at/wissen/naturwissenschaft
www.lobaumuseum.wien/cms/www.zoobot.org/archiv-acta/
Helmut Sattmann
Zoologe, ehemaliger Abteilungsleiter am Naturhistorischen Museum, jetzt assoziierter Wissenschaftler ebendort
+43 (0)680 3025024
helmut.sattmann@nhm-wien.ac.at
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