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Essling bei Nacht (Foto: Martin Greinert)

02.12.2021

Vom Nachttreiben und in Essling bleiben

Freitagabend. Genau um Punkt 20 Uhr leuchtet mein Handydisplay auf. Ich schaue, wer mir geschrieben hat. „willst du rauskommen? Ich würd‘ zur Esslinger Furt schauen“, schreibt Marlene. 

Wir kennen uns seit sieben Jahren. „bin am weg“, antworte ich knapp und öffne Spotify. „Pbg“ von Poloboi Trave, einem Rapper aus der Donaustadt, höre ich. Das Lied bringt mich zum Nachdenken und entspannt zugleich. Geldbörse, Schlüssel und AirPods stecke ich in meine Hosentaschen, ziehe mir im Vorbeigehen noch eine Weste über und schließe die Tür hinter mir. Viel ist nie los in der Umgebung, es gibt keinen zentralen Treffpunkt, wo sich Jugendliche versammeln können. In Essling lebt man im Zwiespalt zwischen zu Hause bleiben und lange in die Stadt fahren, um unter Leute zu kommen und fortgehen zu können. 

20.30 Uhr. Ich schlendere die 

Raphael-Donner-Allee entlang, an der Ecke weiter vorne sehe ich schon Marlene warten. Ich drehe meine Musik leiser und biete ihr den rechten Kopfhörer an. Mit leiser Musik gehen wir plaudernd weiter Richtung Esslinger Furt. Nebenbei frage ich sie, ob sie Lust hätte später mit mir in die Stadt zu fahren in einen Club, doch sie erwidert, dass sie keine Lust hat auf die lange Fahrzeit. Verständlich. Aber schade eigentlich, mit ihr macht Feiern immer doppelt so viel Spaß. Beim Eingang zur Lobau nehme ich mein Handy raus und beleuchte mit der Taschenlampe den Weg. Gemeinsam gehen wir vorsichtig runter zum seichten Wasser und ziehen unsere Schuhe aus. Ich mache den ersten Schritt ins glasklare Wasser, Frösche quaken. Eine Libelle summt an mir vorbei und von überall her dröhnt lautes Zirpen. Durch die Blätterdecke schimmern Sterne hervor und am hellsten strahlt der Mond. Marlene meint, dass diese Harmonie aus Nacht und Natur, Glücksgefühle in ihr ausschütte. Recht hat sie. Nachts durch Essling zu schlendern und den Gedanken freien Lauf zu lassen, hat schon etwas Besonderes an sich. 

22 Uhr. Langsam wird es kalt, wir

beschließen zurückzukehren. Auf dem Weg begegnet uns nur ein alter Mann mit seinem Hund. Ich bücke mich, um den Golden Retriever zu streicheln, er ist sehr zutraulich und nimmt von meiner Freundin sogar ein Leckerli an. „Das liebe ich hier, man trifft immer nette Leute, gleichzeitig aber ist es still und du kannst alleine mit deinen Gedanken sein.“, sagt sie. „Außerdem fühle ich mich sicher, trotz oft fahler Straßenbeleuchtung, denn es lauern nicht an jeder Straßenecke Gestalten die einen unangenehm anpöbeln.“ Der ältere Herr verabschiedet sich freundlich von uns und wir beobachten, wie seine Umrisse im Dunklen der Nacht verschwinden. Wir biegen in einen Waldweg ein, als vor uns ein kleiner Igel den Weg kreuzt. Über unseren Köpfen flattern Vögel hinweg, deren Flügelschläge man nur leicht dank der Sterne sehen kann. Wir gehen einen kleinen Hügel hinauf, von oben hat man einen wunderschönen Ausblick über das Blätterdach und auf den unendlichen Nachthimmel. Wenn hier im Winter Schnee liegt, liefern sich Kinder nachmittags wilde Fahrten auf ihren Schnee-Bobs und Rodeln. Marlene setzt sich neben mich, wir blicken in den Himmel. Eigentlich kenne ich kaum Sternbilder, aber der große Wagen ist bei diesem klaren Himmel deutlich zu sehen. 

23 Uhr. Bling. Das Piepsen meines 

Handys unterbricht das Naturkonzert. Eine Sprachnachricht von meinem Freund Chris „Bro, wie geht’s dir? hast du lust feiern zu gehen? ich hab‘ einen tisch in einem echt geilen club reserviert“, fragt Chris mich. „sorry, hab heute keine Zeit, gerne nächste Woche wieder“, tippe ich schnell. 

"Baby du glitzerst wie ein Diamant" kommt aus meinen Airpods. Eine Textzeile aus dem Song „Diamant“ von Yung Hurn, dem wohl bekanntesten Rapper Transdanubiens. Marlene flüstert leise den Text mit. Plötzlich spüre ich etwas auf meinem Knie, ein Grashüpfer ist auf mich gesprungen. Ich schaue Marlene an, die immer noch in die Musik versunken ist und deute Richtung Feldweg. Sie nickt. 

23.30 Uhr. Mit Schwung laufen 

wir vorsichtig den Hang herunter und den Weg entlang, weg von der Natur, hinaus auf die beleuchteten Straßen. Die Fahrbahn vor mir ist dunkel, nur wenige Laternen spenden Licht. Eine Katze überquert den Weg, ihre hellen Augen funkeln uns an. Das laute Brummen eines Autos dröhnt vom Ende der Straße. Wir biegen um die Ecke und ein fast leerer Bus kommt uns entgegen. Die Esslinger Hauptstraße ist auffällig stärker frequentiert, als alle vorigen Gassen zusammen. Wir verabschieden uns, Marlene steigt in den Bus ein. 

Dieser Spaziergang hat mich inspiriert. Fortgehen in die Stadt und Feiern macht Spaß, keine Frage. Aber auch so ein kleiner Nachtausflug zu Hause in Essling hat schon das gewisse Etwas. Gedankenverloren trete ich den Heimweg an, die nächtlichen Eindrücke begleiten mich in meinen Schlaf.

Nächtliche Hotspots

 

Was können Jugendliche in Essling tun? Wie können wir uns vernetzen? Wo kann man fortgehen? 

Martin Greinert

martin.greinert04@gmail.com 
Instagram: martin_greinert

 

Autor: Martin Greinert


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