Ein Multitalent aus Essling
Als ich das Haus der Familie Scharner am Rande von Essling betrete, komme ich aus dem Staunen nicht heraus. Schon im großzügigen Eingangsbereich stapeln sich Bilder in schillernden Farben an der Wand.
Auf meiner Besichtigungstour werde ich von dem außergewöhnlichen Künstler Nikolaus Scharner, dem jüngsten Kind der Familie, über eine breite Stiege in den Keller hinab geführt, wo sich das Atelier des Multitalents befindet. Hier offenbart sich das gesamte Spektrum seines künstlerischen Schaffens. Farben soweit das Auge reicht. Acrylfarben, Seidenmalfarben und Stoffmalfarben übersäen den Boden. Unzählige Bilder lehnen an der Wand. Bemalte Seidentücher sind zum Trocknen ausgebreitet und auf einem Tisch liegen dunkle Westen und Sakkos, die Nikolaus mit leuchtenden Farben besprenkelt hat.
Meine Neugierde ist geweckt und ich will mehr über den begabten 16-Jährigen wissen, der neben der Malerei drei Instrumente spielt und begeisterter Sportler ist. Das Besondere an Niki, wie ihn seine Familie liebevoll nennt, ist, dass er mit dem Apert-Syndrom auf die Welt kam und trotz vieler Operationen voller Begeisterung und Lebensfreude seine Werke präsentiert. Niki bemalt Seidentücher, T-Shirts und Kleidungsstücke. Einige seiner Bilder konnte er bereits in der KreativRaum Galerie im ersten Wiener Bezirk, in Aviano in Italien, in St. Petersburg und in Ragusa auf Sizilien ausstellen. Dabei wurde er als jüngster Künstler in die Italienische Association der Künstler aufgenommen.
Nikolaus, wie bist du zur Malerei gekommen?
Ich male eigentlich schon seit dem Kindergarten. Das hat sich dann immer weiter gesteigert und seit Corona begonnen hat, habe ich wirklich intensiv angefangen zu malen. Das lag daran, dass ich im Lockdown ja nicht in die Schule und auch zu Hause nicht viel machen konnte. Da bin ich auf die Idee gekommen, Bilder zu malen.
Hattest du dabei auch Lehrer oder hast du dir das selber beigebracht?
Ein Freund meiner Mutter, der Maler Serge Zalivatski, hat mir die Grundlagen und die verschiedenen Maltechniken beigebracht. Manchmal schaue ich mir Videos von Jackson Pollok oder von jüngeren KünstlerInnen an und kann dabei auch viel lernen. Aber eigentlich male ich einfach aus dem Bauch heraus. Die Farben wähle ich eher nach Gefühl, je nachdem, wie es mir gerade geht. Ich male sehr viel mit Musik, manchmal Klassik oder lateinamerikanische Musik. Aber ich höre auch gern Hard Rock.
Hast du schon eine bestimmte Stilrichtung?
Ja, ich bin ein moderner Künstler des Abstrakten Expressionismus. Ich liebe es, mit Farben zu experimentieren. Vor ein paar Wochen habe ich angefangen Seidentücher zu bemalen. Das habe ich auch über Videos gelernt und einige habe ich schon verkauft. Das freut mich ganz besonders, weil ich mit dem Erlös die Organisation „Helle Hoffnung“ in der Ukraine unterstützen kann, die 120 behinderte Kinder betreut.
Du bist auch begeisterter Musiker. Welche Instrumente spielst du?
Begonnen habe ich mit Klavierspielen. Das habe ich mir selbst beigebracht und da übe ich so lange, bis ich ein ganzes Stück spielen kann, z.B. von Mozart "Die kleine Nachtmusik". Das mache ich immer, wenn ich Zeit habe. Außerdem spiele ich E-Gitarre und ein bisschen Ziehharmonika.
Hast du Pläne für die Zukunft?
Nach dem Gymnasium will ich gerne noch mehr Bilder malen und verkaufen oder vielleicht Trainer für Indoorskydiving im Wiener Prater werden. Ich bin ja begeisterter Indoor-Skydiver. Letztes Jahr wurde ich österreichischer Junior Staatsmeister und darauf bin ich sehr stolz. Deswegen kann ich mich da noch nicht genau festlegen.
Vielleicht beides.
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Weiterführende Links:
"Geschichten aus den unterschiedlichsten Lebenswelten" suchten der ORF, "Licht ins Dunkel" und die Geschichtenplattform story.one im Rahmen eines Wettbewerbs. Nikolaus Geschichte "Stark wird man nicht geboren" wurde von der Jury für das story.one-Buch "Komm mit in meine Welt", das bei der Licht ins Dunkel-Gala Ende November präsentiert wurde, ausgewählt. Das Buch ist bereits im Handel erhältlich, der Erlös geht an "Licht ins Dunkel"
Zum Buch:
Komm mit in meine Welt. Life is a Story - story.one
Geschichten haben immer schon zu "Licht ins Dunkel" gehört, denn "Licht ins Dunkel" besteht aus Geschichten. Manchmal sehr traurige, manchmal sind es berührende oder bewegende Geschichten. In diesem Buch sind Geschichten aus unterschiedlichen Lebenswelten vereint, denn wenn wir uns in den Kopf eines anderen Menschen begeben, schafft das eine Brücke und führt uns alle ein Stück näher zusammen. Gerade in einer Zeit der sozialen Distanz und Verunsicherung hat das eine besondere Bedeutung.
Verlag: story.one publishing
Hrsg.: Pius Strobl, Kurt Nekula
Weitere Bilder:
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