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28.04.2021

Soziale Nachhaltigkeit als Qualitätsmerkmal unserer Baukultur

Wie das Setup mit der Buwog zustande kam

Liebe EsslingerInnen! Ich hatte mich ja bereits vorgestellt. Mein Job ist es, das stadtteilmagazin über die Grätzel-Grenzen hinaus bekannt zu machen, Sabine und ihr Team zu beraten bzw. bei der einen oder anderen Kooperation zu unterstützen. Der geborene Linzer Daniel Riedl wiederum ist Vorstandsmitglied der Vonovia (D), verantwortlich für das gesamte Buwog-Geschäft in Österreich. Er ist damit einer der einflussreichsten Immobilien-Manager des Landes. Ich kenne ihn schon länger, mit dem Börsegang der Buwog 2014 ist er dann in meine Ecke gekommen, unser Kontakt hat sich intensiviert. Seit 2018 ist die Buwog nicht mehr in Wien notiert, die Aktie bleibt in bester Erinnerung, denn von 13 auf mehr als 30 Euro in vier Jahren schaffen nicht viele. Als Sabine mir von der zunehmenden Bedeutung von Sozialer Nachhaltigkeit erzählte, gewannen wir rasch die Buwog als Sparring-Partner. Interviewt hat Sabine aus Stadtplanungs-Sicht, ich habe viel gelernt. Und bei den Bildern die Donaustadt-Infos der Buwog eingebaut. Viel Lesespaß wünscht Christian Drastil.

Soziale Nachhaltigkeit als Qualitätsmerkmal unserer Baukultur

Sabine Gstöttner: Die drei Säulen der Nachhaltigkeit sind seit der Konferenz der Vereinten Nationen im Jahr 1992 in Rio bekannt und bieten Staaten und Unternehmen Orientierung für nachhaltiges Handeln. In der Immobilienbranche ist das Thema Nachhaltigkeit ebenso bereits lange angekommen, der Fokus lag lange auf der Ökologie und der Ökonomie. Soziale Aspekte wurden zwar berücksichtigt (etwa Gesundheit und Benutzbarkeit), aus stadtplanerischer Sicht allerdings nicht explizit sichtbar gemacht. Mit der Einführung der „Sozialen Nachhaltigkeit“ als Vierte und gleichberechtigte Qualitätssäule im Jahr 2009 für im Rahmen von Bauträgerwettbewerben eingereichte Beiträge (zu Architektur, Ökologie und Ökonomie) bekommt die Soziale Nachhaltigkeit größeres Gewicht. Mit den Standards zur Messung der Sozialen Nachhaltigkeit durch die ÖGNI im Jahr 2018 wurde das Thema noch greifbarer und stärker verankert in der Gesellschaft. Mittlerweile ist bei vielen Bauträgerwettbewerben die Soziale Nachhaltigkeit im Wettbewerbsteam fix vertreten und entwickelt von Beginn an das Projekt gleichwertig mit. Dennoch ist die Definition der sozialen Nachhaltigkeit oft noch vage und lässt verschiedene Interpretationen bzw. Zielsetzungen zu. Uns interessierte am Beispiel Buwog:

Wie interpretiert die Buwog das Thema Soziale Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche?

Daniel Riedl: Wir entwickeln Wohnbauprojekte, die unserem Credo entsprechen: „Glücklich Wohnen“. Das heißt, unser Ziel ist, dass die Menschen gerne in unseren Projekten leben. Da gehört natürlich viel mehr dazu, als einfach nur Wohnungen zu bauen und hier kommt soziale Nachhaltigkeit ins Spiel. Damit Menschen glücklich wohnen können, bedarf es viel mehr als vier Wände. Die flexible Nutzung intelligenter Grundrisse oder das Vorhandensein privater Freiflächen sind schon mal ein Plus. Dazu gehört aber auch die Schaffung bzw. Weiterentwicklung von Infrastruktur, wie zum Beispiel Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomiebetrieben, Grünflächen, Schulen und Kindergärten. Derartig große Projekte, wie wir sie entwickeln, eröffnen uns den dafür nötigen Gestaltungsfreiraum und lassen zudem eine soziale Durchmischung zu. Soziale Durchmischung erreichen wir, indem wir bei der Preisgestaltung darauf achten, Wohnungen anzubieten, die für Menschen unterschiedlicher Einkommensklassen und damit für eine breite Bevölkerungsschicht finanzierbar sind. Hinzu kommt, dass wir in unseren Projekten immer auch ein Augenmerk auf Gemeinschaftsflächen- und räume haben. Urban Gardening, z.B. in Form von gemeinsam nutzbaren Hochbeeten, ist ein sehr gut angenommenes Angebot für Bewohnerinnen und Bewohner unterschiedlichen Alters oder auch verschiedener Herkunft und Milieus, um zusammenzukommen, Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen. All diese Aspekte sind für uns Teil sozialer Nachhaltigkeit.

Welcher Aspekt der Sozialen Nachhaltigkeit ist Ihnen besonders wichtig? Wie setzen Sie diesen in Ihren Projekten um?

Ich halte den Aspekt der Finanzierbarkeit für ein besonders wichtiges Thema. Gerade angesichts der coronabedingt stei-genden Arbeitslosenzahlen darf Wohnen nicht zum Luxus werden. Klar setzen wir auch Projekte im Hochpreissegment um, es gibt nach wie vor eine entsprechend hohe Nachfrage danach, wenn man sich aber die Vielfalt unserer Projekte ansieht, merkt man schnell, dass es sich bei einem beträchtlichen Teil davon um Mietwohnungen handelt, die entweder freifinanziert oder im Rahmen der Wiener Wohnbauinitiative entstehen bzw. entwickelt wurden. Wir achten also bei der Entwicklung unserer Projekte auf ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen Eigentums-, Miet- und WBI-Wohnungen, um Wohnraum für alle zur Verfügung stellen zu können. Ein Beispiel dafür ist der HELIO-Tower in St. Marx, wo auf 33 Obergeschoßen insgesamt rund 400 freifinanzierte Eigentums- und Mietwohnungen sowie Mietwohnungen im Rahmen der Wiener Wohnbauinitiative entstehen.

„In der Baranygasse sind wir für den Vertrieb und die Vermarktung zuständig.” - Daniel Riedl

Sabine Gstöttner: Für mich als Stadtplanerin mit dem Schwerpunkt Stadtteilarbeit, in der wir sehr nahe beim Menschen sind, sind die Identitäts- und Gemeinschaftsbildung wichtige Themen. Stadt soll benutzbar und lebendig sein, die Menschen sollen bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Daher ist die Nachbarschaftsentwicklung eine wichtige Strategie in all unseren Projekten. Nachbarschaft, die auf einem starken sozialen Netz aufbaut und seine Stärke aus einer hohen Identität mit dem Wohnprojekt bezieht.

„Für ein Buwog-Projekt in der Seestadt gab es einen internationalen Award.” - Daniel Riedl

Hat das Thema der Gemeinschaftsbildung einen Stellenwert in Ihren Projekten? Wie gehen Sie damit um?

Ja, in der Tat kommt diesem Aspekt zunehmend Bedeutung zu. Je größer ein Projekt ist, desto mehr Menschen kommen zusammen, es entsteht also in der Regel eine sehr heterogene Bewohnerschaft und es ist wichtig, sie zu einer Gemeinschaft zusammenzuführen. Um das zu erreichen, setzen wir in einigen Projekten auf das Quartiersmanagement der Caritas. Darüber hinaus bieten wir den Bewohnerinnen und Bewohnern unterschiedliche Plattformen, um einander kennenzulernen, eine Nachbarschaft zu bilden, wie z.B. Gemeinschaftsräume, Allgemeinflächen für Urban Gardening oder Unterstützung bei der Ausrichtung von Nachbarschaftsfesten.

Partizipation bedeutet für uns auch, Verantwortung zu übernehmen, durchaus auch für den öffentlichen und teilöffentlichen Raum. Wie stehen Sie zum Thema Verantwortung für das Wohnumfeld zu übernehmen?

Das ist ein etwas heikles Thema. Man darf nicht von jeder Bewohnerin, jedem Bewohner erwarten, sich auch im Umfeld engagieren zu wollen, immerhin kann es sein, dass sich jemand mit Job und Familie schon ausreichend ausgelastet fühlt. Derartige Ambitionen müssen von innen herauskommen. Meistens gibt es in der Hausgemeinschaft eine oder mehrere Personen, die das federführend in die Hand nehmen und in Form von Nachbarschaftsgruppen wird dann etwas auf die Beine gestellt. Wir unterstützen gerne diverse Initiativen, die daraus entstehen, das ganze muss aber auf einer Freiwilligkeit der Bewohnerschaft basieren.

Ist Teilhabe ein Thema in Ihrer Arbeit?

Selbstverständlich. Gerade bei weitreichenden Entscheidungsprozessen ist es wichtig, alle, die es betrifft, miteinzu-beziehen bzw. zu informieren. In der Buwog arbeiten unterschiedlichste Abteilungen über drei Geschäftsbereiche hinweg eng miteinander zusammen – ohne Teilhabe wäre das das reinste Chaos. Und genau so wäre das, wenn wir nicht alle Stakeholder in unsere Projektentwicklung einbeziehen würden.

Sabine Gstöttner: Ein Schwerpunkt für Soziale Nachhaltigkeit ist die ganzheitliche Quartiersbetrachtung. Dazu zählt etwa, bereits in der Planungsphase die bestehenden sozialen Netzwerke aus der umliegenden Nachbarschaft in das neu zu entwickelnde Projekt (Stichwort Soziales Kapital) einzubeziehen und vice versa mit dem neuen Projekt einen Mehrwert für den gesamten Stadtteil zu erzeugen.

Wie geht die Buwog mit dem Aspekt der ganzheitlichen Quartiersentwicklung um? Welche Maßnahmen setzen Sie?

Die bereits angesprochene Möglichkeit für uns, im Rahmen der Projektentwicklung auch die Infrastruktur mitzugestalten bzw. weiterzuentwickeln, kommt nicht nur unseren Kundinnen und Kunden zugute, sondern auch den Anrainern. An dieser Stelle gilt vor allem: informieren, informieren, informieren. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Nachbarliegenschaften müssen in den Planungsprozess miteingebunden bzw. zumindest soweit involviert werden, dass sie immer wissen, was die next steps sind – vor allem dann, wenn es z.B. um zu erwartende Lärmemissionen auf der Baustelle geht. Wie wir an dieses Thema herangehen, ist von Projekt zu Projekt unterschiedlich, hängt ja auch von der Lage ab, aber wir machen das meist in Form von Anrainerveranstaltungen, die Teilnehmern den Raum bieten, Fragen zu stellen oder auch Verbesserungsvorschläge einzubringen.

„Glücklich wohnen - das ist unser Credo. Und Soziale Nachhaltigkeit war uns immer schon wichtig.” - Daniel Riedl

Gibt es ein Projekt, in dem die Soziale Nachhaltigkeit besonders gut berücksichtigt und umgesetzt werden konnte, das Sie uns gerne nennen würden?

Als Vorzeigebeispiel fällt mir hier sofort Rivus im 23. Bezirk ein. Aufgeteilt auf mehrere Bauteile entstehen hier mehr als 800 Wohnungen – freifinanziertes Eigentum und Miete sowie WBI- Wohnungen –, rund 500 davon sowie ein Kindergarten sind bereits fertiggestellt. Die Bauteile sind umgeben von einem parkähnlichen Areal, das Bewohnerinnen und Bewohnern aller Altersstufen vielfältige Sitz-, Spiel- und Begegnungszonen bietet. Ein besonderer Bauteil besteht aus einem Nahversorger im Erdgeschoß, einer Ganztagsvolksschule im Obergeschoß und einem Sportplatz am Dach und ist seit Kurzem in Betrieb. Demnächst starten die Bauarbeiten für den letzten Bauteil, Rivus Vivere. Auch dort werden Wohnungen aber auch Gewerbeflächen entstehen, die die Infrastruktur vor Ort in der Breitenfurter Straße noch mehr optimieren. Besonders ist an diesem Projekt auch der Zusammenhalt der Bewohnerschaft. So gibt es in Rivus unterschiedlichste Hobbygruppen, wie z.B. einen Sportverein.

Lokale Zusatzfrage: Warum tun Sie so viel im 22. Bezirk, Herr Riedl?

Die Donaustadt bietet den Raum dazu. Sie ist einer der Bezirke Wiens, der noch über die höchsten Flächenreserven verfügt und die werden nach und nach auch genutzt, um u.a. eben Wohnraum zu entwickeln. Unser Fokus liegt auf der Entwicklung von Großprojekten mit mehr als 100 Wohneinheiten, so etwas umzusetzen ist im innerstädtischen Raum im Rahmen der Nachverdichtung nur schwer möglich. Vorteilhaft an Projektentwicklungen im 22. Bezirk ist außerdem, dass wir als Entwickler auch viel mehr Möglichkeiten haben, die Infrastruktur mitzugestalten. Es geht uns nicht nur darum, vier Wände aufzustellen, wo die Menschen drin wohnen können – wohnen betrifft auch das unmittelbare Umfeld und uns ist es wichtig, hier einen Beitrag zu leisten.

AutorIn: Christian Drastil


Tagged: Stadtteilmagazin |

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